Logistik für Elektroprodukte: Wohin geht unser Müll?

12. März 2019 | Blog, Logistik

Logistik für Elektroprodukte: Wohin geht unser Müll?

Wo befindet sich Ihr altes Smartphone? Vielleicht in der Schublade, weil es eigentlich noch funktioniert und Sie es irgendwann doch noch verkaufen könnten? Oder haben Sie es noch aus dem einfachen Grund, dass Sie sich nicht sicher sind, wie Sie Ihr altes Smartphone sicher und richtig entsorgen? Schließlich sind ja private Daten auf dem Gerät und außerdem enthält es elektronische Kleinteile.

Unsere schnelllebige Konsumgesellschaft wird durch kaum ein Produkt so gut repräsentiert wie durch das Smartphone. In Deutschland hat es im Schnitt nach 19 Monaten ausgedient. Ähnliches gilt auch für andere Elektronikprodukte: Der Fernseher könnte größer sein, der Laptop schneller und der Kühlschrank moderner und energieeffizienter. Im Rahmen einer Studie des Umweltbundesamtes gaben 50% der Befragten an, dass ihr letzter Fernseher nicht älter als 10 Jahre wurde, wobei er in nur der Hälfte aller Fälle zum Zeitpunkt des Entsorgens nicht mehr funktionierte.

Der weltweit am schnellsten wachsende Müllstrom: Elektroschrott

Da wir bereits vom Smartphone sprachen: Während im Jahr 2010 noch 300 Mio. Smartphones weltweit verkauft wurden, waren es 2017 bereits mehr als 1,4 Mrd. Allein in Deutschland wurden 2017 23,6 Mio. Stück abgesetzt. Weltweit produziert die Menschheit immer mehr Elektroschrott: Durchschnittlich ist die Masse in den letzten 5 Jahren weltweit um fast zwei Drittel gestiegen, womit sie den am schnellsten wachsenden Müllstrom darstellt. Laut des Global E-waste Monitors entstanden in 2017 44,7 Mio. t Elektroschrott. Diese enthalten laut UN Rohmaterialien im Wert von schätzungsweise 55 Mrd. €.

Einer UN-Studie zufolge ist China der größte Verursacher von Elektromüll. Hier hat sich die Menge an Schrott von 2010 bis 2015 mehr als verdoppelt. Das Wachstum des Elektroschrotts in der EU beträgt 3-5% pro Jahr. Pro Kopf werden weltweit etwa 6 kg Elektromüll jährlich produziert, allerdings zeigt sich hier von Kontinent zu Kontinent ein sehr unterschiedliches Bild: Bspw. produziert ein Deutscher im Durchschnitt 22,8 kg, ein Mensch auf dem afrikanischen Kontinent jedoch weniger als 2 kg. Europa sammelt und recycelt immerhin etwas mehr als ein Drittel des entstandenen Elektromülls, der auf dem alten Kontinent anfällt.

Was soll mit dem ganzen Müll geschehen?

Unsere alte Waschmaschine nimmt oft der Lieferant mit, der das neue Gerät liefert. Andere Elektrogeräte bringen Menschen zu offiziellen Sammelstellen. Doch vieles bleibt zu Hause liegen: Laut Statista bewahren 44% der Befragten ihr altes Smartphone auf. In deutschen Schubladen sollen bis zu 124 Mio. davon ungenutzt herumliegen. In ihnen enthalten sind schätzungsweise 2,9 t Gold, 30 t Silber und 1.100 t Kupfer. Materialien, welche man durch Recycling wiederverwenden könnte. Anstatt dessen landeten bspw. im Jahr 2014 ganze 300 t Gold aus Elektroschrott auf Müllhalden.

Was aber passiert mit den Elektrogeräten nach der Abgabe im Werkstoffhof?

Hier gilt für Konsumenten oft: Aus den Augen, aus dem Sinn. Fakt ist, dass viele Geräte Richtung Afrika oder Asien wandert. Laut einer Ökopol Studie werden die meisten Elektro-Altgeräte (meist Fernseher oder Monitore) nach Nigeria, Ghana, Indien oder Südafrika exportiert. Viele davon in sehr schlechtem Zustand. Laut des 2015 erlassenen Elektrogesetzes müssen Exporteure nachweisen können, dass die Elektro-Altware noch funktionstüchtig und ausreichend verpackt ist, bevor sie diese in Entwicklungsländer verschiffen dürfen.

Allerdings ist es für Behörden und Hafenmitarbeiter äußerst schwierig, ausreichend zu prüfen was Second-Hand-Ware und was schlicht Schrott ist. Allein im Hamburger Hafen werden pro Jahr 8,8 Mio. Container umgeschlagen. Geahndet wird der unsachgemäße Umgang und illegale Handel mit Elektroschrott laut Interpol in lediglich 0,5% der Fälle. Nach Schätzung der UN werden jährlich 17 Mrd. € durch die illegale Verschiffung und Ausschlachtung von Elektroschrott, oft durch organisierte Banden, umgesetzt. Es handelt sich um ein illegales Milliardengeschäft.

Ob Elektroaltgeräte oder Elektroschrott, beides ist wertvoll

Die Abgrenzung von Elektroaltgeräten zu Elektroschrott ist deshalb sinnvoll, weil die Empfängerländer vom Export funktionstüchtiger Geräte auch profitieren: Die Geräte, die bspw. wir Europäer nicht mehr nutzen möchten, können oftmals noch lange weiterverwendet werden. Somit erhalten auch ärmere Bevölkerungsschichten in den Empfängerländern Zugang zur Technik. Außerdem erhalten. Auch Beschäftigungseffekte entstehenden durch den Handel mit Elektro-Altgeräten.

Doch der Umgang mit unserem Elektroschrott ist für die Empfängerländer schwierig. In Smartphones bspw. sind wertvolle Rohstoffe enthalten. Allerdings ist das Recycling nicht einfach, denn ein Smartphone besteht aus über 40 verschiedenen Materialien. Enthalten sind Kunststoffe und Glas für das Gehäuse, Edelmetalle, wie Silber, Gold, Kupfer, Aluminium, aber auch seltene Erden, die beispielsweise als Leiterelemente dienen. Auch Silizium ist in den Chips verarbeitet. Für die jährlich in Deutschland verkauften Smartphones werden allein ungefähr 720 kg Gold benötigt. Auch für Gesundheit und Umwelt schädliche Stoffe wie Zyanid und Quecksilber sind in den Geräten zu finden.

Die Schattenseiten des Recycelns

Da in den Entwicklungsländern kaum professionelle Recyclingstrukturen bestehen, belasten die Arbeiter ihre Gesundheit und die örtliche Umwelt. Um an Wertstoffe zu gelangen werden Teile mit bloßen Händen auseinandergebrochen. Um das Kupfer zurück zu gewinnen, wird die Kunststoffummantelung von der verbauten Kupferkabeln einfach weggeschmort. Bei diesem Vorgehen bilden sich giftige Dämpfe, die von den Betroffenen Arbeitern ungefiltert eingeatmet werden. Unbrauchbare Elektroteile werden außerdem oft verbrannt oder einfach achtlos in die Landschaft weggeworfen. Manche Geräte werden ohne Arbeitsschutz im Säurebad aufgelöst. Das alles führt zu Giftstoffen im Boden, verunreinigten Abwässern und mit Abgasen belasteter Luft.  

Einer der wichtigsten Importeure von gebrauchten Elektrogeräten aus Westeuropa ist Ghana. Der Ort Agbogbloshie, nahe der Hauptstadt Accra, gilt als der größte Elektroschrottplatz Afrikas. Zehntausende arbeiten auf dem Gelände. Es gibt Sammler, Recycler, Händler und Agenten, sogar eine Vereinigung für Schrotthändler und Bankenniederlassungen. Informelle Arbeit ist in Ghana keine Besonderheit, aber die Gefahren für die Gesundheit der Arbeiter und die Umwelt haben internationale Aufmerksamkeit erweckt. Als Greenpeace 2008 auf dem Schrottplatz Bodenproben entnahm, lag die Schadstoffbelastung um ein 50-faches über dem als gesundheitlich unbedenklich geltenden Wert. Und das US-amerikanische Pure Earth Institut ernannte Agbogbloshie sogar zu einem der 10 verseuchtesten Orte weltweit.

Wie kann man es richtig machen?

In Europa wird, wie bereits erwähnt, etwas mehr als ein Drittel des Elektroschrotts ordnungsgemäß entsorgt. Weltweit allerdings wurden 2016 nur 20% des angefallenen Elektroschrottes nachweisbar gesammelt und recycelt. Die restlichen 80% wurden entweder gehandelt, weggeworfen oder unter unzureichenden Standards weiterverwertet.   

Seit 2016 darf Elektroschrott in Deutschland laut Gesetzgebung bis zu einer Größe von 25 Zentimetern in jedem größeren Elektromarkt abgegeben werden. Dort wird er von öffentlichen Dienstleistern abgeholt und anschließend recycelt. Gemäß des deutschen Elektrogesetztes (ElektroG) sind die Hersteller ebenfalls verpflichtet ihre alten Geräte zurückzunehmen und diese ordnungsgemäß zu entsorgen. Es besteht eine Pflicht sich bei der Stiftung EAR (Elektro-Altgeräte-Register) zu registrieren, welche die auf den Markt gebrachten Elektrogeräte erfasst und deutschlandweit Sammelstellen bereitstellt. Die Stiftung kanalisiert dann gefüllte Elektroschrott-Container an die entsprechenden Entsorgungsunternehmen, welche dann die fachgerechte Weiterverarbeitung handhaben. 

Firmen wie die Deutsche Telekom, Vodafone oder O2 bieten Konsumenten einfache Wege, ihr Smartphone loszuwerden, etwa durch Recycling Boxen in den jeweiligen Filialen oder kostenlose Recycling Retourenscheine für den Postversand. Sie kooperieren außerdem mit gemeinnützigen Organisationen wie NABU oder der Deutschen Umwelthilfe, an welche sie bspw. durch das Recycling entstandene Erlöse spenden. Zusätzlich kümmern sie sich um die Aufarbeitung und Wiederverwendung noch benutzbarer Handys.

Fazit:

Das große Ziel der Elektronikhersteller ist fast immer die günstige Produktion, wobei eine Produktoptimierung hinsichtlich möglicher Reparaturen, Modernisierung oder einfachem Recyceln auf der Strecke bleibt. Im Jahr 2018 hat nach Schätzung des Global E-waste Monitors durchschnittlich jeder Mensch fast sechseinhalb Kilo Elektroschrott produziert. Die Verantwortung liegt nicht zuletzt bei den Konsumenten. So sollte es letzten Endes die Obliegenheit jedes Einzelnen sein für die fachgerechte Verschrottung bzw. das Recycling Sorge zu tragen. Den letzten Weg von Elektrogeräten zum Werkstoffhof oder an eine geeignete Sammelstelle der Hersteller sollte jeder Konsument gewährleisten.

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